Ein motivierendes Beispiel, dass zivilgesellschaftlicher Druck konkrete Konsequenzen haben kann.
Trotz Warnungen von verschiedenen Seiten, dass ihr Vorgehen nach internationalem Recht illegal und ethisch fragwürdig ist, hat die Schweizer Firma Glencore mehrere Jahre in der von Marokko besetzten Westsahara nach Öl gesucht. Nun die Wende: Glencore zieht sich aus dem umstrittenen Gebiet zurück.
Medienmitteilung – Basel 11. Mai 2017 – Terres des hommes Schweiz
Marokko hält die Westsahara seit 1975 besetzt. Laut UNO ist sie nicht-selbstregiertes Gebiet, in dem die Ausbeutung von Ressourcen laut internationalem Recht nur gestattet ist, wenn die betroffene Bevölkerung zuvor ihr Einverständnis gegeben hat und davon profitiert. Eine Konsultation mit dem sahraouischen Volk hat nie stattgefunden und es entstehen kaum Arbeitsplätze für die Sahraouis. Die Ressourcenausbeutung geschieht durch marokkanische und ausländische Firmen. Arbeitslose Sahraouis machen mit Demonstrationen in den besetzten Gebieten immer wieder auf ihre schwierige Lage aufmerksam.
Schweizer und internationale Nicht-Regierungsorganisationen machten die Firma seit langem auf die Problematik der Ölsuche in diesem Gebiet aufmerksam. Auch Schweizer Parlamentarier stellten die Frage nach der Legalität dieser Aktivitäten.
Abkommen mit Marokko gelten für die Westsahara nicht
Glencore besass Lizenzen für zwei Blöcke, Foum Ognit und Boujdour Offshore Shallow, und hat dort noch bis im März dieses Jahres die Firma dort seismische Studien unternommen. Vergangenen November 2016 antwortete Glencore noch auf eine Anfrage von mehreren Parlamentarierinnen, dass ihre Explorations-Aktivitäten in Einklang mit internationalem Recht seien. Ein Gutachten des Rechtsberaters Hans Corell zuhanden des UN Sicherheitsrates von 2002 widerlegt dies aber klar. Darin ist festgehalten, dass die weitere Ölsuche ohne vorangehende Konsultation der Bevölkerung internationalem Recht widerspricht.
Mittlerweile bestätigt auch ein Entscheid des Europäischen Gerichtshofs EuGH vom 21. Dezember 2016 erneut die internationale Rechtslage. In einem Urteil zum Handelsabkommen zwischen Marokko und der EU urteilte die oberste europäische Gerichtsinstanz, dass die Westshara nicht in dieses Abkommen eingeschlossen sei, da die Westsahara nicht zum Königreich Marokko gehöre, sondern ein eigenständiges Gebiet sei. Die Westsahara wird juristisch als dritte Partei bezeichnet, die für allfällige Abkommen ein eigenständiger Verhandlungspartner ist. Der Entscheid hatte zu Rechtsunsicherheit bei Firmen geführt. Die Europäische Kommission arbeitet nun an der Umsetzung des Rechtsentscheides.
Heisses Eisen Westsahara
Nun hat sich Glencore aus Foum Ognit zurückgezogen und die Suche nach Öl eingestellt. Ausserdem will sich das Unternehmen auch aus dem zweiten Block Boujdour zurückziehen. Glencore hat offenbar ihren Anteil von 18.75 Prozent an New Age (registriert in New Jersey) verkauft, womit diese 75 Prozent der Bohrlizenz des Foum Ognit-Blocks besitzt. Die restlichen 25 Prozent gehören der staatlich marokkanischen Firma ONHYM.
Für die Sahraouis in dem besetzten Gebiet sowie in den Flüchtlingslagern in Südalgerien ist dies ein ausserordentlich wichtiger Schritt. „Die wirtschaftlichen Aktivitäten und Ressourcenausbeutung durch ausländische Firmen behindern den UNO-Friedensprozess und tragen zur extrem schwierigen Situation der Sahraouis bei. Während die Sahraouis in den Flüchtlingslagern zu 100 Prozent von den immer weniger werdenden internationalen Hilfslieferungen abhängig sind, profitieren ausländische Firmen vom Handel mit Ressourcen, die rechtlich gesehen den Sahraouis gehören“, sagt Sylvia Valentin von terre des hommes schweiz. terre des hommes schweiz unterstützt seit Jahren Jugendprojekte in den sahraouischen Flüchtlingslagern.